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1981: Mitbestimmung im Fokus

„Ich habe von dem offenen Gespräch und der sachlichen Diskussion gute, wichtige Eindrücke und Informationen mitnehmen können“, schrieb Willy Brandt im Februar 1981 an Peter Then vom Vertrauenskörper der IG Metall bei SKF. Der SPD-Vorsitzende war am 6. Februar der Einladung der Gewerkschafter zu einem Besuch in ihrem Unternehmen nachgekommen. Anlass zu ihrer Initiative, so erinnert sich der spätere Stadtrat Peter Then, sei der Eindruck gewesen, die SPD habe die Montan-Mitbestimmung aufgeweicht. Da habe die IG Metall das direkte Gespräch mit dem Vorsitzenden gesucht.

Besichtigung der Produktion bei SKF (v. l.): Betriebsrat Walter Lang, IG-Metall-Sekretär Harry Muck, Willy Brandt, Gesamtsbetriebsratsvorsitzender Alfred Walter, Betriebsräte Helge Erler und Peter Then. (Foto: Rost/Stadtarchiv Schweinfurt)


Der Begrüßung Willy Brandts durch den Betriebsratsvorsitzenden Alfred Walter folgte ein Mittagessen im Gästehaus, an dem auch der Vorsitzende der SKF-Geschäftsführung Hans Westphal und OB Kurt Petzold teilnahmen. In einer Diskussion mit Betriebsräten und Gewerkschaftern sicherte Brandt ihnen die Unterstützung seiner Partei beim Erhalt der Montan-Mitbestimmung zu. Er verwies aber darauf, dass ein Ausbau im Sinne der IG Metall wegen der ablehnenden Haltung des Koalitionspartners FDP nicht möglich gewesen sei.

 

„Willy Brandt ging durch die Produktionshalle und sprach mit den Arbeitern an der Maschine. Einige trugen ,Willy wählen'-Buttons, obwohl politische Werbung ja eigentlich in Betrieben verboten ist. Wir haben noch lange von der Euphorie gezehrt. Der Besuch war etwas Besonderes.“                  Peter Then

 

Brandt war zum Zeitpunkt des Besuchs auch Vorsitzender der Nord-Süd-Kommission, die sich mit Fragen der Entwicklungspolitik und internationalen Wirtschaftsordnung beschäftigte. Entsprechend stark interessierte sich der Politiker für die weltweiten Aktivitäten von SKF etwa in Mexiko, Brasilien und Singapur. Brandt sprach sich für enge internationale wirtschaftliche Verflechtungen aus: „Durch den Handel wächst der Wohlstand bei allen Produzierenden und – entschuldigen Sie die Drastik! – denken Sie daran: Wer nichts zu fressen hat, der kann auch nicht daran denken, zu importieren!“.

Notizen von Willy Brandt zu dem Gespräch mit Betriebsräten. Unter Punkt 1 hat er zu den Erwartungen geschrieben: "Keine Wunder!" (Scan: Friedrich-Ebert-Stiftung).

Beim Rundgang durch die Produktionshallen unterhielt sich Brandt mit den Arbeitern. Peter Then erinnert sich noch gut an die ungezwungene Art des SPD-Vorsitzenden und sein glaubwürdiges Interesse an den Gesprächspartnern. Auch die Volkszeitung schrieb über Brandt: „Er wirkte staatsmännisch in seinem Auftritt, aufmerksam und locker in seinen Antworten, die nie auswichen.“ Der SPD-Vorsitzende selbst erinnerte daran, dass ihm aus seiner Zeit in der schwedischen Emigration das dort gebräuchliche „du“ geläufig sei, mit dem ihn die SKFler wie selbstverständlich angesprochen hätten.